Salon Frou Frou - Der Podcast des u-instituts
Salon Frou Frou - Der Podcast des u-instituts
TRANSKRIPT NANCY FREHSE VON OKTOPULLI

TRANSKRIPT NANCY FREHSE VON OKTOPULLI

Transkript der Podcast-Folge mit NANCY FREHSE VON OKTOPULLI

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Vorspann:                                                                                                                                     

Nancy
Es ist total wichtig zu sagen: „So Leute, wir haben zwar gegründet und wir sind ja auch die Geschäftsführerinnen, aber wir können euch nicht einfach verkaufen und ihr arbeitet nicht für uns und unser schönes Leben, sondern wir arbeiten hier gemeinsam für unser gemeinsames, schönes Leben.“ Es gibt ganz viele Familienunternehmen in Deutschland, die leben Verantwortung eigentlich schon immer, ohne in irgendeiner Rechtsform zu sein, denen ist es völlig klar das Geld von der Firma ist nicht das private Geld.

Kurzer Jingle

Nancy
Das ist dafür da, um die Firma in schlechten Zeiten auch zu retten und selber zu investieren, um nicht in den Wachstumsschub zu kommen, weil man wieder quasi von extern Geld braucht, das wirklich Wachstum und das wirklich bewirtschaften mit den Ressourcen, die wir haben. Und es gibt viele, die das absolut verstanden haben. Und es gibt auch viele, die mittlerweile verstanden haben, dass sie in ihrem Portfolio Unternehmen brauchen, die ebenso wirtschaften, weil das sind auch ihre sicheren Anker.

Kurzer Jingel

Nancy
Da kriegst du dann nicht deine 20 x raus. Na, aber du kriegst trotzdem was zurück. Es ist trotzdem rentabel und du hast am Ende nicht nur quasi Geld geschaffen, sondern auch Impact. Meistens.

 

Start des Gesprächs:

 

Sandra

Hey, hallo und herzlich willkommen im Salon Frou Frou, dem Podcast des u-instituts. Das u-institut ist eine der zentralen Anlaufstellen in Deutschland, wenn es um die Kultur und Kreativwirtschaft und kreativen Impact geht. In unserem Podcast diskutieren wir in diesem Rahmen mit spannenden Persönlichkeiten und Expert*innen über Trends, Themen und deren gesellschaftliche Relevanz sowie über ihr eigenes unternehmerisches Tun und natürlich den kreativen Impact ihrer Arbeit.

Heute sprechen wir über das super spannende Thema Verantwortungseigentum, genauer was es bedeutet, ein Unternehmen in Verantwortungseigentum zu leiten und welche Räume sich dadurch für Impact orientiertes Wirtschaften öffnen. Dazu habe ich mir eine ganz tolle und ganz spannende Gästin eingeladen, die ich euch noch ganz kurz vorstelle, bevor wir dann loslegen. Und zwar ist das Nancy Frehse.

Sie ist Ökonomin, Unternehmerin und Expertin für Social Entrepreneurship, Fair Fashion und Transformation, aktives Unternehmer*innentum. Und sie ist eben Verantwortungs- Eigentümerin. Und mit ihrer Expertise war sie unter anderem auch Jurymitglied beim Creativ Lab #7 unseres Projekts Kompetenzzentrum Kultur und Kreativwirtschaft des Bundes. 2021 hat sie selbst gegründet und zwar das Unternehmen Oktopulli. mitgegründet. Und dessen Mission ist die lokale Produktion Genderneutraler und ressourcenschonender Mode zu wachsen.

Etwa die Kinderpullover wachsen über bis zu vier Kleidergrößen mit. Und die Näher*innen arbeiten direkt in der Werkstatt neben dem Laden in Berlin Kreuzberg. Außerdem ist Oktopulli, und da schlagen wir eben den Bogen, deswegen haben wir Nancy eingeladen, Verantwortungseigentum. Und genau darüber möchte ich mit ihr sprechen. Herzlich willkommen, Nancy. Ich freue mich wirklich sehr, dass du heute da bist.

Nancy

Hallo. Danke. Ich freue mich auch sehr.

Sandra

Unser Podcast ist ja nach dem Kabarett Salon Frou Frou benannt, das sich in den 20er Jahren in diesen Büroräumen befunden hat, in denen heute das u-institut ist. Und deswegen starten wir unser Gespräch auch mit einer Frage, durch die wir dich und deine Arbeit in deinen eigenen Worten ein bisschen besser kennenlernen wollen. Und ein kleiner Hinweis noch Es hieß damals, dass es das intimste Lokal der Stadt war.

Und deswegen sprechen wir jetzt heute ganz intim über Verantwortungseigentum. Jetzt bist du dran. Ich habe selbst genug gesprochen.

Was würdest du denn sagen, wenn du mit deiner Arbeit Teil einer Bühnenshow wärst? Oder eine eigene Show? Was für eine Show wäre das denn? Und vielleicht hättest du auch einen Namen dafür. Und welche Rolle würdest du denn darin spielen?

Nancy

Ja, das ist eine sehr spannende Frage. Hört sich ein bisschen unkonventionell an, aber das trifft ganz gut den Kern, wie tief mensch da drin hängt. Ich glaube, ich würde eine Hypnose Show draus machen.

Und ich glaube, ich würde. Also, ich weiß nicht. Ich hatte das früher, als ich mit meiner Familie im Freizeitpark war, da gab es Hypnose Shows und ich fand das total spannend, dass Menschen auf einmal das gemacht haben, was die Person gesagt hat, aber auch irgendwie so auf einmal ganz anders, als sie es halt gewohnt sind, reagieren konnten. Ich denke es sehr spannend Hypnose zu machen, in der wir mal mit den Narrativen des Kapitalismus brechen, die so tief in uns verankert sind und die Räume freimachen, die wir brauchen, um gesund miteinander zu wirtschaften.

Also zum Beispiel einfach uns mal fragen was bedeutet eigentlich Eigentum, wenn es aus der Arbeit von vielen entstanden ist? Oder wie möchten wir eigentlich damit umgehen, dass Geld für sich selber arbeitet und sich selber vermehrt? Das sind so Punkte. Ich glaube, das würde ich in der Schule mal versuchen, aus den Köpfen rauszukriegen.

Sandra

Es hört sich wirklich gut an, vor allem ist es ja so, dass wie du sagst, dass manche Grundannahmen so fest drinstecken, dass viele sich gar nicht trauen, darüber nachzudenken, wenn es gar nicht gegeben ist.

Nancy

Das war für uns auch ein ganz, ganz großer Grund zu starten und so zu gründen, wie wir es gemacht haben, weil man so oft hört: „Ach, das ist doch gar nicht möglich und man kann doch gar nicht so wirtschaften“. Und ah, aber das Ding ist, man muss es den Menschen halt vorleben, damit sie das sehen, dass das möglich ist.

Und das es auch eigentlich gar nicht so absurd ist und auch tatsächlich im Kapitalismus möglich ist, so zu wirtschaften. Aber das sind einfach feste Narrative, die uns glauben lassen, dass wir nur auf eine Art und Weise funktionieren, wenn es um Arbeit geht.

Sandra

Kannst du denn mal kurz bevor wir da weiter reingehen, weil du, wie du gerade schon gesagt hast, gemeinsam mit deiner Co Gründerin Carla Reuter habt ihr euch ja für das für ein Unternehmen in Verantwortungseigentum entschieden. Kannst du mal ganz kurz am Anfang vielleicht noch mal sagen, was es denn überhaupt bedeutet? Also wie funktionierten Unternehmen in Verantwortungseigentum?

Nancy

Also Verantwortungseigentum ist so ein bisschen der Begriff, den wir als Unternehmen nutzen. Es gibt ja mehrere, nicht nur uns, um diese besondere Rechtsform darzustellen, die wir im Moment noch mit einer guten Lösung machen. Also es gibt noch nicht die wählbare Rechtsform Verantwortungseigentum. Sie ist als GmbH mit gebundenem Vermögen im Koalitionsvertrag und soll quasi umgesetzt werden. Bis dato ist quasi die Lösung, dass es die Stiftung Verantwortungseigentum gibt

Und wir haben ein Modell mit der Stiftung und es läuft so, dass die Stiftung 1 % unserer Anteile hat, einen kleinen Prozentsatz. Das finde ich auch gar nicht so wichtig, denn sie ist dafür da, dass in der Gesellschafter*innenversammlung bei drei bestimmten Punkten sie „Nein“ sagt. Und zwar ist es bei uns verankert im Gesellschaftsvertrag, dass wir das Unternehmen nicht gewinnbringend verkaufen dürfen. Dazu bräuchten wir 100 % Zustimmungen der Gesellschafter. Dann der zweite Punkt ist, dass das Unternehmen nicht vererbt werden darf. Dazu braucht es wieder 100 %. Ähm, und der dritte Punkt ist, dass wir dem Unternehmen nicht einfach als Gesellschafter*innen oder Geschäftsführer*innen Gewinne entnehmen dürfen. Also diese drei Punkte sind quasi so geregelt, dass wenn wir das wollen würden, dann würden die Stiftungen immer mit „Nein“ votieren.

Und so ist es quasi jetzt mit einer grünen Lösung gesetzt. Soll aber dann wenn es eine richtige Rechtsform ist, dann natürlich ohne eine Stiftung funktionieren.

Sandra

Aber es ist dann so, dass so quasi alle Gewinne, die in eurem Fall jetzt erwirtschaftet werden fließen dann direkt ins Unternehmen zurück.

Nancy

Genau. Also die Grundidee daran ist, dass das Geld, was in dem Unternehmen erwirtschaftet wird, natürlich für faire Gehälter rausgeht. Und das gilt natürlich auch für die Geschäftsführung und für die Gründerinnen. Also es geht darum, dass man ordentlich entlohnt wird für das, was man tut. In dem Moment, wo man auch dafür arbeitet und nicht darüber hinaus. Aber es hat natürlich auch Möglichkeiten, um das Ganze zu finanzieren oder auch um die, sage ich jetzt mal, diese Last, die man am Anfang schon auch hat, als Gründer*in zu enden. Und die prekäre Situation, in der man oft auch steckt, mit all dem Risiko, dass man dort auch entlohnt wird. Also es gibt eine Gründungs-Kompensation im Moment noch, die man vereinbaren kann. Das bedeutet, dass man an Tag X einen bestimmten Satz aus der Firma nehmen kann, wenn die wirtschaftlich sehr gut da liegt. Ist aber eine einmalige Auszahlung. Das sind in meinem Fall 100.000 €. Und dann gibt es die Möglichkeit, natürlich Gewinne auszuschütten an Investor*innen, aber die sind halt gedeckelt. Also ich kann nicht als Investorin einfach investieren und dann kann ich unendlich aus dem Unternehmen rausnehmen. Und die zweite Sache ist auch noch, ich kann als Investorin auch nicht hingehen und mitbestimmen, wenn ich nicht im Unternehmen arbeite.

Das ist zum Beispiel auch sehr wichtig. Also es gibt Quasi. Ähm. Das Unternehmen ist in dem Sinne kein Spekulationsgut das, weil in der Zukunft liegt dann nicht der Verkauf des Unternehmens, wenn ich investiert habe, also der große Exit, sondern ich investiere. Es ist vorher vereinbart, was ich wieder rausbekomme, wenn ich nicht im Unternehmen arbeite, dann darf ich auch nicht mitbestimmen über das Unternehmen. Und das sind einfach so ein paar spezielle Grenzen eingebaut, die wir heute halt nicht haben, oft in der Finanzierung und die dann zu Problemen führen. Geld und Macht sind so ein bisschen getrennt.

Sandra

Wusstet ihr denn von Anfang an, als ihr gegründet habt, dass ihr das in Verantwortungseigentum machen wollt? Also quasi. Ähm. Ist es so, so dieses Henne-Ei-Prinzip gewesen? Ihr wolltet gründen und dachtet, was gibt es da für verschiedene Formen? Oder wusstet ihr das von Anfang an? Wenn dann wollen wir das nur so machen oder auch anders machen.

Nancy

Ja, also wir sind als Gründerinnen und überhaupt auch im Unternehmen so gar nicht dogmatisch. Also klar finden wir irgendwie Sachen mega wichtig und mega gut, aber egal an welches Ziel wir wollen und wie wir das auch haben, wir fragen uns auf dem Weg immer: Was ist der beste Weg dahin? Und wir haben uns tatsächlich auch gefragt: Was ist die beste Rechtsform, um Wirtschaft so umzusetzen, wie wir uns das vorstellen?

Nämlich in einem Unternehmen, in dem die Menschen, die dort arbeiten, das Gefühl haben, dass sie nicht für jemand anderes arbeiten, sondern fürs eigene gute Leben und für den Körper des Unternehmens. Und haben uns eigentlich alle Rechtsformen angeguckt. Wir haben auch mit Unternehmer*innen aller möglicher Rechtsform gesprochen. Wir haben auch mal über eine Genossenschaft nachgedacht, aber nichts hat so wirklich zu dem gepasst, was wir machen wollten.

Und wir kannten das Verantwortungseigentum. Das war ja also als wir gegründet haben, auch noch nicht so mega bekannt, haben ein paar große gemacht. Aber es ist ja nicht so, dass du quasi von der Uni kommst und Verantwortungseigentum weißt.Das war 21 auf jeden Fall noch nicht so groß. Wir kannten das aber tatsächlich und haben dann einfach am Ende gesagt okay, das wird es. Also, wir haben jetzt alles angeguckt und nichts passt so gut wie das. Aber das Ding ist ja auch es ist natürlich ein Risiko. Im Moment müssen wir noch eine Stiftung gründen. Dass eine private Stiftung, mehr private Menschen hinter, das ist ein größeres Risiko, als wenn es einfach eine Rechtsform gäbe. Also hätte es damals die Rechtsform gegeben, hätten wir die dankend angenommen. Und so mussten wir so ein bisschen Pionierarbeit leisten und diese Gründung nehmen.

Sandra

Würdest du sagen, dass es leichter ist, wenn ein Unternehmen kleiner ist? Oder hat das mit der Größe gar nichts zu tun?

Nancy

Ich denke, mit der Größe hat es nicht so viel zu tun. Ich kenne viele mittelständische Unternehmen, die im Verantwortungseigentum sind. Das Ding ist, dass Leute oft denken, wenn sie an Verantwortungseigentum denken, dann glauben sie, dass es sofort einhergeht mit einer bestimmten Politik, die in dem Unternehmen herrscht. Aber es ist ja nicht das Einzige, was quasi Verantwortungseigentum oder dann die GmbH mit gebundenen Vermögen macht, ist, dass sie das Kapital im Unternehmen bündelt und dass sie quasi Macht und Geld trennt.

Das heißt, wenn jemand Geld ins Unternehmen gibt, kann er nicht den Kurs des Unternehmens mitbestimmen, wenn er nicht am Unternehmen im aktiven Alltag oder in der Berater*innenschaft oder irgendwo verbunden ist. Und das ist wirklich kompliziert. Also auch, dass das nicht vererbt werden kann. Das ist alles, was es sagt. Mehr sagt das gar nicht. Witzig ist aber, dass die meisten Unternehmen, die ich kenne, die in Verantwortungseigentum sind, dann trotzdem aber auch eine ganz andere Vorstellung haben von Mitarbeiter*innenschaft oder wie man sich organisiert.

Oder Mitbestimmung. Das sind aber alles Punkte, die diese Unternehmer*innen reinbringen in ihr Unternehmen, also aufgrund einfach ihrer Haltung. Das hat aber nichts mit dem Verantwortungseigentum zu tun. Du kannst die hierarchischste Organisation haben und trotzdem in Verantwortungseigentum sein. Also da geht es wirklich nur darum, dass der*die Partner*in des Unternehmens oder das Geld, was dort erwirtschaftet wird, gesichert wird für das Unternehmen und nicht ausgeschüttet wird.

Und genau deshalb glaube ich, dass es überhaupt keinen Unterschied macht, ob groß oder klein. Ähm. Um das umzusetzen. Und die andere Frage wäre dann eher, ob ich glaube, dass flache Hierarchien in großen Unternehmen umsetzbar sind oder in klein. Aber das wäre für mich wieder ein anderes Thema.

Sandra

Verändert das trotzdem die Arbeit ein bisschen von dir? Jetzt also von dir und deiner Mitgründerin oder auch von den Mitarbeiter*innen?

Nancy

Also es war tatsächlich einer der Hauptgründe, warum wir uns auf das Verantwortungseigentum entschieden haben war wir leben. Wir arbeiten in einer Branche der Textilindustrie, die absolut prekär ist, gerade in Deutschland. Also die Textilindustrie stirbt jeden Tag. Es ist wirklich krass. Wir können eigentlich nicht mehr im großen Stil in Deutschland fertigen. Dann sagen alle Meier, aber Trigema, ja, toll. Hübsch ist ein großes Unternehmen. Kann man sich auch fragen, wie das aufgestellt ist? Ähm, und es gibt aber keine lebende Textilindustrie. Das heißt, wir quasi wir müssen immer raus aus Deutschland, wenn wir unsere Kleidung fertigen möchten, was ja schon absurd ist, weil Deutschland mal Koryphäe in der Textilindustrie war wenn wir an die alte DDR zum Beispiel denken.

Wir wussten, wir müssen ein Unternehmen aufbauen in einer prekären Branche. Und was braucht es dafür? Dafür braucht es in allererster Linie Vertrauen. Das heißt, für uns war es auf der einen Seite total wichtig zu sagen, Wir gehen ins Verantwortungseigentum, weil so konnten wir quasi unseren Mitarbeitenden – wir nennen sie eigentlich Kolle*ginnen, also ich sage gar nicht Mitarbeitenden – und den Kolleg*innen wirklich sagen, wir machen das hier wirklich für den Fall, dass es verdient und zurück fließt.

Das geht in eure Gehälter, das geht auch in Zukunft. Und das finde ich das Schöne daran. Niedrigere Preisen, weil wenn ich als Unternehmen Rücklagen bilden muss und nicht alles die ganze Zeit rausnehmen kann, dann können natürlich auch die Preise günstiger werden. Und die zweite Ebene war, dass wir auch gar keinen Bock hatten. Also wir kannten ja auch andere Unternehmer*innen und gerade so aus der Boomer Generation, was die für eine Arbeit auf ihren Schultern haben, was die auch für eine Last auf ihren Schultern haben.

Immer diesem Unternehmen so gerecht zu werden, den Mitarbeiter*innen so gerecht zu werden, die zu motivieren. Also lasst uns doch noch mal machen und so und am Ende ja, arbeiten die natürlich. Aber für diese*n eine*n Unternehmer*in irgendwo und der*die kann von heute auf morgen entscheiden: Ich verkaufe. Alle wissen, die hier sind und für uns war das total wichtig zu sagen: „So Leute, wir haben das mal gegründet und wir sind auch die Geschäftsführerinnen, aber wir können euch nicht einfach verkaufen und ihr arbeitet nicht für uns und unser schönes Leben, sondern wir arbeiten hier gemeinsam für unser gemeinsames, schönes Leben.“ Und es war einfach ein wichtiges Argument für uns, um das auch durchzustehen. Also das war sehr pragmatisch gedacht, ehrlich gesagt.

Sandra

Ich kann mir vorstellen, dass es eine ganz andere Arbeitsatmosphäre dann auch ist, also dass ihr bestimmt dann die, die Teil eures Teams sind, also die Kolleg*innen sind, dass das eine ganz andere Wertschätzung dann natürlich hat. Du hast es ja gerade schon gesagt, also das ist eine ganz andere Motivation dann auch dahinter und nicht diese Motivation, die ja manchmal auch in Start ups vermittelt wird. Aber wir sind eine Familie und wir arbeiten ja alle.

Nancy

Ja voll, aber das ist ja auch so und nicht und also auch auf Kolleg*innen-Ebene natürlich. Aber was ich auch so spannend finde aufgrund ihnen, eben auch, weil ich also mit uns, also unsere Kund*innen bauen diese Marke mit uns auf, die vertrauen uns zu 100 %, die wissen, dass es unser Körper ist. Wir wollen es machen, die wissen, da steht kein Exit am Horizont.

Und damit wissen die auch, dass wir auch sie nicht verkaufen. Weil was ist denn der größte Wert, den ein Unternehmen hat, wenn es verkauft wird? Das ist natürlich die Kund*innen und Arbeiter*innen, die man mit verkauft, die Daten, die man mit verkauft. Und ja, das ist, das ist auch auf der Ebene einfach eine Zusicherung, die wir machen können, die uns jetzt gerade in diesen Zeiten, wo alle eher nach Vertrauen suchen und nach vielleicht irgendwas, wo sie daran festhalten können, das hilft uns halt einfach total.

Sandra

Gibt es denn dort, das ist gerade ja schon ein bisschen angesprochen, dass da mehr Risiko dahintersteckt. Also ein Unternehmen in dieser Form zu gründen oder zu haben? Kann es sein, dass deswegen manche abgeschreckt werden davon? Oder ist es auch einfach, dass es diese Form Verantwortungseigentum, wie du sagst, noch nicht so lange gibt und dass deswegen, was ich, jetzt zum Beispiel von von außen betrachtet, denke, das hört sich so an, wieso gründen denn nicht alle Unternehmen im Verantwortungseigentum?

Nancy

Ja wir dürfen ja nicht vergessen, dass es ja gerade im Mittelstand sehr viele Unternehmen gibt in Deutschland, die auf diese Rechtsform warten, weil dadurch, dass das Unternehmen nicht vererbt werden darf, sondern nur weitergegeben werden kann zum Nennwert, ist es dann die GmbH Einlage. Gibt es die Möglichkeit, dass Mitarbeitende, die zum Beispiel seit 30 Jahren in einem Unternehmen arbeiten und du gehst in Rente? Die könnten das Unternehmen einfach übernehmen, da würde es weiterlaufen. Ja, der Moment, wo die Menschen jetzt vorstehen, gerade im Mittelstand, die in den Ruhestand gehen, dass sie denken, ich kann nicht in Ruhestand gehen, weil erstens, ich finde niemanden, der es kauft, gerade. Und zweitens, ich will es auch eigentlich gar nicht verkaufen, weil hier sind so fähige Leute meiner Mitarbeitenden, die das gerne übernehmen würden und die geeignet dafür wären. Aber sie können es nicht übernehmen, weil das natürlich bewertet wird, das Unternehmen. Und dann müssen sie diesen Preis aufbringen. Und genau zu dem Punkt: Es gibt viele, die das auch aus sehr pragmatischen Gründen sich wünschen. Hm, ja, ich glaube, es ist tatsächlich die eine Sache. Es ist noch nicht so bekannt. Es wird halt einfach super viel reininterpretiert, also viel reininterpretiert, dass es einhergeht mit einem riesen Netzwerk und keine Ahnung.

Ich sage immer ehrlich gesagt, ihr könnt in Verantwortungseigentum gehen und die Tatsache, dass ihr das macht, macht schon ganz viel frei und ganz viel möglich. Da müsst ihr gar nicht so viel Netzwerk üben, sondern da entsteht schon so eine Vertrauensbasis, dass einfach ein anderes Arbeiten entsteht. Und die zweite Ebene ist, ich weiß gar nicht, wie gesagt habt, dass es tatsächlich auch gar nicht sagen, dass es so viel mehr Risiko ist. Weil wie gesagt, wir haben eine. Uns gibt es erst seit drei Jahren, aber wir haben eine extrem geringe Fluktuation an Mitarbeitenden. Wir haben ein Handwerk. Ich habe das Postfach voll mit Bewerbungen. Also ich kann nie wirklich nicht von Fachkräftemangel sprechen. Klar sind wir ein kleiner Betrieb, aber es ist einfach.

Also bei uns auf jeden Fall nicht das Problem, dass wir geeignete Leute finden müssen und auch bei der Finanzierung. Ehrlich gesagt, wir haben Investor*innenrunden gemacht, Anfang des Jahres und innerhalb von anderthalb Monaten 150.000 € zusammenbekommen, zum größten Teil im deutschen Mittelstand, tatsächlich Investor*innen, die selber im Mittelstand gegründet haben. Und da war auch die Ebene des Verantwortungseigentums, das große Vertrauen. Weil sie gesagt haben: „Ich will genau in ein Unternehmen wie euch investieren, weil ich möchte nämlich in die Wirtschaft investieren und in gute Arbeitsplätze.“ Und ja, also ich glaube, man muss es einfach bekannter machen und man muss vielleicht auch einfach mal gehen und zu merken, was dann entsteht und nicht vorher immer wissen wollen, was alles dann passiert. Ja, und das meinte ich vorhin mit den Narrativen. Was ich meine: Wir glauben immer, wir brauchen den perfekten 100 % Plan, dann können wir es machen, anstatt einfach uns mal zu fragen was passiert denn, wenn wir mal unsere Narrative ändern? Und was wird von ganz alleine und natürlich frei?

Sandra

Weil das hast du ja auch schon gesagt, dass also ihr gründen wolltet, Ihr wolltet ja nicht, ihr wolltet ja Sachen anders machen und Unternehmer* innentum ein bisschen neu denken.

Nancy

Ja, ich würde nicht mal sagen neu. Eigentlich ist es ja eine ganz alte Grundidee von Familienunternehmen. Also klar, möchte ich das jetzt nicht vergleiche mit dem Verband der Familienunternehmer*innen, sondern da hängen ganz andere Konzerne drin. Aber es gibt ganz viele Familienunternehmen in Deutschland, die leben Verantwortung eigentlich schon immer, ohne in irgendeiner Rechtsform zu sein, denen es völlig klar ist, das Geld von der Firma ist nicht das private Geld. Das ist dafür da, um die Firma auch zu retten und selber zu investieren, um nicht in den Wachstumsdruck zu kommen, weil man wieder quasi von extern Geld braucht und deshalb. Also ich find das alles gar nicht so neu. Ich finde es tatsächlich sogar ein bisschen back to the roots.

Sandra

Und glaubst du denn, dass die Unternehmen in Verantwortungseigentum, weil wir hier auch immer über Impact sprechen und kreativen Impact, dass die einen besonderen Impact haben können? Also, ich höre da einigen Impact raus, also sowohl gerade auf die Wirtschaft, aber auch tatsächlich auf die Art, wie Menschen zusammenarbeiten und auch doch noch mal irgendwie, wie Menschen sich im Bezug zur Arbeit sehen. Ja, es ist nicht so, so austauschbar. Also vielleicht interpretiere ich jetzt auch wieder so ein bisschen was rein, das sei gesagt, dass da viel auch reininterpretiert ist, aber das hört sich so ein bisschen so an, dass es nicht so willkürlich ist.

Nancy

Ja, also eigentlich muss man es ja so sehen. Die Menge an Interpretationen, die in dieser Rechtsform liegen, zeigen ja eigentlich nur die Menge an Potential, was Leute denken können, was dann entsteht. Also zu interpretieren ist nur nicht gut, wenn Leute denken, ich möchte diese Rechtsform, aber ich habe das alles noch nicht, also soll hier quasi keine Schranke sein. Ja, auf jeden Fall. Also ich kenne viele Menschen – ich bin jetzt Anfang 30 – in meinem Alter, Freundinnen, die wirklich frustriert sind, die auch in dieser Start-up Welt leben oder wo das der Maßstab ist, aber die einfach sehr viel Zeit und Lebenszeit und Energie in ein Unternehmen stecken. Und auf einmal wird es verkauft oder es entsteht irgendwas anderes. Oder es geht Pleite, weil eben keine Rücklagen gebildet wurden.

Und auf einmal fragt man sich ganz sinnhaft krisenhaft: „Oh Gott, was habe ich mit den letzten vier Jahren meines Lebens gemacht?“ Aber das ist schon, das darf und muss man schon ernst nehmen. Wenn wir so viel Zeit auf der Arbeit verbringen, dass wir uns wirklich fragen, haben wir dann nicht das Recht, in Jobs zu arbeiten, in den sozialen Strukturen, in denen diese Zeit, die wir investieren, ernst genommen wird?

Und ich will nicht sagen, dass es in anderen Unternehmen nicht ernst genommen wird. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass, wenn ich weiß, ich arbeite und wir haben gut gearbeitet und die Gewinne werden reinvestiert. Das ist mir eine andere Sicherheit gibt, weil in den Jahren halt auch vorgesorgt wird.

Als Ökonomin muss ich auch einfach sagen, dass die Art von Wirtschaft einfach natürlich die gesündere ist. Wenn meine Mama früher in guten Zeiten etwas an die Seite gelegt hat. Das war immer gut für schlechte Zeiten. Also da muss man ehrlich gesagt nicht Ökonomie studieren. Genau deshalb freut mich auf jeden Fall, dass diese Vertrauensbasis und wirklich dieser ganz einfache Fakt: Du und deine Arbeit können nicht verkauft werden und ich kann nicht entscheiden, dass du verkauft wirst. Das ist wirklich einfach ein Riesending im Kopf. Also ich glaube, das ist uns nicht so bewusst, aber das macht unterbewusst was mit uns. Das macht uns zur Ware. Und wir sind Menschen und keine Ware. Und deshalb glaube ich ja, dass da auch ganz viel Potenzial für gesünderes Arbeiten drin.

Sandra

Gibt es auch Investor*innen, denen da das Wachstum zu langsam ist, der Gewinn zu klein ist, oder das denen der Einfluss zu klein ist?

Nancy

Also ich würde auf jeden Fall sagen, es gibt Investor*innen, die nicht zu uns passen. Auf jeden Fall. Und es gibt Investor*innen, die genau verstanden haben, dass wir Unternehmen brauchen, die eben sich trauen langsam zu wachsen bzw. gesund zu wachsen und langsam wir auch immer in Relation zu: „Was ist schnell?“ Wenn ich in ein Unternehmen von heute auf morgen mehrere Millionen setze? Natürlich wächst das, kriegt das super viele Mitarbeiter*innen innerhalb von zwei Monaten. Ich kenne Unternehmen, die haben Mitarbeiter*innen-Zuwachs in sechs Monaten von 100 Leuten.

Aber ich kenne auch kein einziges, was nicht ein Jahr später die Hälfte wieder entlässt. Ja, und das ist halt einfach so ein Punkt. Ist das, was wir machen, wirklich langsamer oder ist es einfach ein bisschen, sage ich mal gesünder? Baut es nicht eigentlich gerade also in Bezug auf Ressourcen, die wir ja wirklich nur beschränkt haben, die wir auch beschränkt bei Menschen haben? Weil Menschen haben auch nicht unendlich viel Kraft? Ist es nicht eigentlich da das wirkliche Wachstum und das wirkliche Wirtschaften mit den Ressourcen, die wir haben? Und es gibt viele, die das absolut verstanden haben. Und es gibt auch viele, die mittlerweile verstanden haben, dass sie in ihrem Portfolio Unternehmen brauchen, die ebenso wirtschaften, weil das sind auch ihre sicheren Anker. Da kriegst du dann nicht deine 20 x raus, aber du kriegst trotzdem was zurück. Es ist trotzdem rentabel und du hast am Ende nicht nur quasi Geld geschaffen, sondern auch Impact. Meistens, wenn du in solche Unternehmen investierst. Das heißt, du hast deine Ressource Geld, die du ja anscheinend übrig hast, verantwortungsvoll genutzt und hast damit der Gesellschaft was zurückgegeben.

Würde ich mal im weiteren Sinne sagen. Und ich glaube, das ist auch wieder gesundheitlich eigentlich die schönere Art und gesünder zu investieren.

Und auf der wissenschaftlichen Ebene, ich bin ja Ökonom, kann ich auf jeden Fall auch sagen, dass die Art, wie wir jetzt investieren, mit dem Exit Game und den Riesensummen, das wird in der Art, wie wir eigentlich wirtschaftlich gerade dastehen, sowieso nicht die Zukunft sein. Also das wird, das wird so! Also wer daran jetzt festhält, sorry, aber der hat es nicht verstanden.

Sandra

Und es fallen einem ja auch sofort ohne Namen zu nennen Unternehmen ein, die so plötzlich da waren und irgendwie wachsen. Und ich, ich weiß es ja auch aus meiner, aus meinem Umfeld, dass wenn dann Leute dort hingehen, um dort zu arbeiten ist, die quasi schon im Kopf haben, es geht eh nicht lang. Ja wie du schon gesagt hast.

Nancy

Mit was für einer Einstellung man da hingeht. Also das ist schon, das macht einen selber nicht glücklich, aber es macht auch das Unternehmen nicht glücklich. Und die Leute, die dann da Geschäftsführer*innen sind, das sind ja auch nicht, also die sind ja meistens auch tolle Menschen, aber unter was für einem Druck die stehen, da irgendwas zu verwirklichen, was auf allen Ebenen gar nicht miteinander geht. Menschlich aber auch motivationsmäßig. Also ich halte das für eine Riesenherausforderung. Ich habe Respekt davor, wenn Leute das schaffen, um ja, ich möchte auch ich bin da so gestimmt, wenn ich so spreche. Liegt aber nicht daran, dass ich denke, dass das wirklich das Allheilmittel ist. Ich glaube nicht, dass Verantwortungseigentum auch für alle Formen super Sinn macht. Also jede*r, der als Einzelunternehmer*in startet oder zu zweit oder sich gerade aufbaut, weiß ich nicht, ob es Sinn macht, eine Rechtsform zu wählen, wo man sich keine Gewinne rausnehmen kann. Also dass man das auch logisch denkt. Ich glaube aber, wenn wir wirklich über den Mittelstand nachdenken, über den Mittelstand von morgen, dann halte ich das für eine extrem sinnvolle Art zu wirtschaften. Und ich möchte die Menschen einfach nur einladen, darüber nachzudenken was da drin für Möglichkeiten liegen und ich möchte auch ganz klar sagen es gibt ganz viele Unternehmen, die so schon handeln oder die auch menschlich so handeln wie Unternehmensverantwortung ohne in Verantwortungeigentum zu sein. Also es gibt kein „Schwarz oder Weiß“. Ich glaube nur, dass die Rechtsform es einem vielleicht etwas leichter macht.

Sandra

Was würdest du denn, also ich, ich ahne es schon ein bisschen, aber ich liege auch manchmal falsch. Wir haben ja am Anfang von deiner Hypnose Show gesprochen, die lieb ich wirklich. Das passt perfekt für mich. Ähm, was würdest du denn? Du kannst ja eine der drei Antworten auswählen. Natürlich auch zwei oder drei, wenn du möchtest. Aber was würdest du denn gerne wollen, was diese Bühnenshow bewirkt?

Also wird welche zum Beispiel, welche Auszeichnung würdest du dafür gerne entgegennehmen? Oder was würdest du dir wünschen, wie das Publikum reagiert und was mitnimmt oder was, was die Kritiker*innen darüber schreiben sollten?

Nancy

Na ja, also wenn wir es schaffen, damit Menschen wieder zu empowern und ja, Selbstwirksamkeit herzustellen im Sinne von „Ich entscheide mit, wie ich arbeiten möchte und meine Stimme ist wichtig“ und dann kann was Gesundes gemeinschaftlich entstehen. Wir das wirklich schaffen, dann nichts weniger als den Wirtschaftsnobelpreis. Ehrlich gesagt, das ist die Art und Weise, was Gesundes und wirklich gutes Wirtschaften bedeutet und was die Ökonom*innen in einer Zukunft halt können müssen.

Ähm, und die Kritiker*innen ja, die werden dann auch was erreichen. Das wäre bestimmt sehr cool.

Sandra

Das war echt super interessant, mit dir zu sprechen. Vielen Dank.

Nancy

Dankeschön. Danke für deine Zeit.

Sandra

Danke für deine Zeit. Und dann kann ich nur noch mal, ähm äußern. Wenn ihr mehr über Nancy und Oktopulli erfahren wollt oder auch über Verantwortungseigentum an sich, dann schaut gerne in unsere Shownotes. Und wenn ihr in Berlin seid oder in Berlin einen Trip demnächst macht, dann schaut doch mal bei Oktopulli vorbei. Dann, ja dann bleibt mir nur zu sagen: „Vielen Dank fürs Zuhören und vielen Dank dir, Nancy.“

Und dann wünsche ich euch noch einen schönen Abend oder morgen oder Tag oder Nacht. Ich höre mich immer ein bisschen an wie in der Truman Show, aber man weiß ja nie wann die Leute das anhören (lacht).